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Der folgende Artikel erschien im Augustin (Nr.145, September 2004):





In der Grundsteingasse wird auch sonntags kunstvoll gehackelt

Die Kunst (in) der Nachbarschaft

Mit dem Projekt "Grundstein" möchten die in gleichnamiger Gasse ansässigen KünstlerInnen mehrmals jährlich ihr Schaffen ohne thematischen Überbau präsentieren. Diese dreimal jährlich stattfindende Schau im 16. Wiener Gemeindebezirk soll einerseits die Kommunikation zwischen vor Ort lebenden und arbeitenden Menschen und Kunstinstitutionen auf die Sprünge helfen und andererseits zeigen, dass auch außerhalb des Festivals "SOHO" im Brunnenmarktgrätzel keine tote Kunst-Hose anzutreffen ist. Der Augustin sprach anlässlich der bevorstehenden Herbstveranstaltung mit einer kleinen Schar von KünstlerInnen aus der Grundsteingasse und nächster Umgebung.

Wie jung ist das Projekt "Grundstein"?
Uschi Janig (Atelier Werkzeug 4): Die Idee gibt es schon seit 4 Jahren. Erst heuer haben wir sie realisiert. Erstens fehlten finanzielle Mittel, zweitens hat es inhaltlich einfach länger gebraucht, bis uns klar wurde, dass nur ein organisatorischer Überbau nötig ist. Man muss dieses Projekt aus Eingeninitiative auf die Beine stellen. Wir haben 4.000 Euro von der Kulturabteilung des Bezirks Ottakring bekommen, um den organisatorischen Überbau finanzieren zu können. Die Lokale, die Ausstellungen machen und Geld brauchen, können noch zusätzlich um Subventionen ansuchen.
Roland Schütz (Masc Foundation/39DADA): Es ist nicht zu erwarten, großartige Mittel zur Verfügung zu haben, sondern es geht darum, ob du als Künstler einmal ein wenig riskierst und sagst, okay, zwei Wochen mache ich mit. Es sollen spontane Sachen entstehen, wo sich Leute und Künstler kennen lernen.
Welche zeitlichen Rahmenbedingungen werden vorgegeben?
Roland Schütz: Es gibt eine gemeinsame Woche, aber es kann für sich selbst entscheiden, wie lange er offen hat. Das wollen wir nicht aufoktroyieren; da ist die eigene Energie gefragt.
Jakob Lediger (Atelier SyndikART): Es ist eine fluktuierende Geschichte, lediglich fünf, sechs Räume sind immer dabei.
Also ein relativ offenes und ungezwungenes Projekt?
Uschi Janig: In einem Punkt sind wir uns aber schon einig, und zwar, dass hier kulturpolitische Arbeit geleistet wird. Das wäre der kleinste gemeinsame Nenner.
Finden sich die teilnehmenden KünstlerInnen lediglich aufgrund der räumlichen Nähe oder handelt es sich hier auch um GesinnungsgenossInnen?
Martina Gasser (Atelier SyndikART): Man läuft sich durch die räumliche Enge zwangsläufig igendwann einmal über den Weg und redet darüber, wer was macht. Mittlerweile sind so viele Ateliers im Grätzel vorhanden, dass die Idee entstand, dass man zusammen etwas machen könnte. Bis jetzt wird es so wahrgenommen, immer wenn SOHO (Festival SOHO in Ottakring, Anm.) ist, dann ist was los im Bezirk, ansonsten ist tote Hose. Aber das stimmt einfach überhaupt nicht. Das ist sicher auch die Idee hinter dem Ganzen, dass man auch zeigt, dass irrsinnig viel anderes auch das ganze Jahr hindurch passiert.
Das klingt nach Unzufriedenheit mit SOHO.
Roland Schütz: Nach dem Beschluss, dass SOHO nicht in gewohnter Form stattfinden wird, hatten wir die Verantwortung, etwas zu machen. Die Leute sind das gewohnt, sie lesen gar nicht nach, dass das nur Livingroom-SOHO ist. Die stehen vor der Tür, klopfen an und wundern sich, warum nichts stattfindet.
Uschi Janig: Der Grundstein-Maitermin ist auch der Termin, wo SOHO stattfindet, und es gibt Leute, die sowohl bei SOHO als auch bei Grundstein mitmachen. Es geht nicht um ein Dagegenarbeiten, es steckt eine andere Idee dahinter, u.z. eine ganzjährige Arbeit sichtbar zu machen und Besucher nicht nur zu einem Festival anzulocken, sondern ein Bewusstsein zu schaffen, sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch weiter greifend über die Bezirke hinaus, um Leute zu informieren, was da passiert, was da lebt. Das Grundsteinprojekt soll keine Konkurrenz zu SOHO sein. Es soll das präsentiert werden, was jeder einzelne Ort macht; hinzeigen auf diese verschiedenen Arbeiten und Arbeitsweisen und sie erleben.
Jakob Lediger: Ein wesentlicher Unterschied zu SOHO ist, dass es beim Grundsteinprojekt keine Koordinationsstelle gibt, wo alle ihre Konzepte hinschicken müssen, und dann bekommen sie das Okay oder auch nicht. Ein weiterer Unterschied ist, dass keine leer stehenden Räumlichkeiten für zwei Wochen angemietet und genutzt werden, und dann nach zwei Wochen wieder leer stehen.
Von welchem Schlage sind die KünstlerInnen, welche die Grundsteingasse als Wirkungsstätte auserkoren haben?
Martina Gasser: Bei der Frage - Wie sieht künstlerisches Arbeiten aus? - hat ein Umdenkprozess stattgefunden. Es siedeln sich Leute an, die den gängigen Kunstgalerienbetrieb satt haben und sich eine alternative Infrastruktur schaffen möchten.
Roland Schütz: Ganz wichtig sind Gassenlokale, die nach vorne hin offen sind, also nicht Ateliers hinten, weil die Schwellenangst, dorthin vorzudringen, zu groß ist. Das ist für uns ein Grundprinzip, wir wollen uns zeigen, wir wollen nach außen gehen. Die Leute sehen uns auch am Wochenende in der Auslage arbeiten, wenn sie Freizeit haben. So entwickelt sich auch eine ganz andere Sympathie bei den Leuten, die sagen, du arbeitest auch am Sonntag, während ich am Sonntag mit der Familie spazieren gehe.

Die Fragen stellte Reinhold Schachner